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Integrierte ERP-Lösung: Vorteil oder Nachteil?

Hilfreich bei der Beantwortung dieser Frage ist unsere Sicht als ERP-Berater, da wir mit Auswahl und Einführung von ERP-Systemen bestens vertraut sind. Integrität ist einer der fundamentalen Bausteine bei der Softwareauswahl, man spricht auch von den 3 I‘s:

Integrität – Investitionssicherheit – Internationalität

Für Anwender wirkt sich Integrität dahingehend aus, dass sie von allen in gleichem Maß gefordert wird. Das ist teils schwierig, da man oft nicht exakt festlegen kann, was Integrität in einer ERP-Anwendung bedeutet.

So kann Integrität beispielsweise folgendes bedeuten:

  • Einheitliche Systemumgebung
  • Einheitliches, konsistentes Datenmodell
  • Alle Daten in einer Datenbank
  • Keine Schnittstellen
  • Keine Einzelsysteme, keine Excel-Anwendungen
  • Einheitliche Oberfläche und Benutzung
  • Flexibilität in Abhängigkeit der organisatorischen Anforderungen
  • Datenqualität
  • Anpassbarkeit an die Anforderungen der Anwender
  • Reglementierung von Abläufen
  • Einschränkung der Anwender

Aus Sicht der Anwender kann Integrität auch Einschränkung, Reglementierung und geringere Flexibilität bedeuten. Integrität bedeutet in gewissem Rahmen Aufgabe der Eigenständigkeit, Erhöhung der Abhängigkeit untereinander – die Abteilungen haben nur noch einen eingeschränkten Freiraum. Auf jeden Fall bedeutet Integrität Verlust von Macht und Kompetenz – die Abschottungen in Fachabteilungen müssen geöffnet werden. Die Gefahr dabei: Gegenwehr in integrierten Systemen führen zum Stillstand, man kann eine Abteilung dann nicht mehr „manuell überspringen“. Die Forderung lautet daher: So viel Integrität wie nötig, nicht so viel Integrität wie möglich, denn Integrität muss für die Organisation insgesamt verkraftbar sein.

Vorteile bei Großunternehmen

Ein „großes” Unternehmen kann Integrität leichter verkraften, weil seine Prozesse viel stärker diversifiziert und auf Arbeitsteilung ausgerichtet sind. Somit stehen auch mehr Mitarbeiter bei der Prozeßdurchführung zur Verfügung. Ein „kleines” Unternehmen hat viele Aufgaben, Prozesse etc. in Personalunion zu lösen. D.h., es steht im Zweifelsfall wegen fehlender Arbeitsteilung vielleicht nur ein Mitarbeiter zur Verfügung.

Integrität und Funktionalität

Integrität heißt nicht Diversifizierung der Anwendung in viele Teilfunktionalitäten. Ohne eigenständige Prozeßgestaltung durch den Anwender bleibt der Grad der funktionalen Integrität unbefriedigend. Integrität heißt aber funktionale Fantasie – an die Adresse der ERP-Anbieter gerichtet – und organisatorische Fantasie – an die Adresse der Anwender gerichtet.

Integrität und Organisation

Um Integrität umzusetzen und organisatorisch zu leben, müssen alle Fachabteilungen eine neue Form der Zusammenarbeit finden. Alle Insellösungen müssen daher in Frage gestellt werden. Integrität bedeutet, dass die gesamte Organisation im Mittelpunkt steht, nicht mehr jede Abteilung einzeln und allein. Ohne organisatorische Regelungen zwischen den Fachabteilungen findet keine Integration statt. Das bedeutet: Ohne klare Spielregeln können die Abteilungen nicht fair miteinander arbeiten.

Integrität und Datenqualität

Die Einbuße an Flexibilität für die Fachabteilungen kommt aber in jedem Fall der Datenqualität zugute. Geschlossene Funktionssequenzen helfen beim Erreichen von Datenqualitätsstufen. Dies stellt einen essentiellen Wettbewerbsvorteil dar, der in Zukunft immer stärker ins Gewicht fällt.

Die abschließende Beurteilung, ob eine integrierte ERP-Lösung für ein Unternehmen von Vorteil oder von Nachteil ist, bleibt stets individuell. Denn der Grat zwischen organisatorischer Belastung und organisatorischem Vorteil ist schmal.