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Risiken bei ERP-Auswahl und ERP-Einführung

ERP-Auswahl: ein wichtiger Entscheidungspunkt für Ihr Unternehmen.

Bei der ERP-Software-Auswahl gibt es viele Probleme, die für Nicht-Experten oftmals unsichtbar sind. Das birgt Risiken für falsche Einschätzungen und Entscheidungen, die in Folge oft zu negativen Auswirkungen wie z.B. Produktivitätseinbußen führen können. Die ERP-Auswahl sollte man ernst nehmen. Schließlich geht es um die Neuorganisation Ihres Unternehmens mit grundlegend wichtiger Anwendungssoftware und eine langfristige, vertrauensvolle Bindung an einen Anbieter.

Notwendige Voraussetzungen für eine erfolgreiche ERP-Einführung

Da bei einer ERP-Einführung beispielsweise von bedingt nutzbaren Erfahrungen bei den Anwendern auszugehen ist und ggf. Nachholbedarf bei der Qualifikation besteht oder Aufstocken der personellen Ressourcen erforderlich ist, müssen einige Grundbedingungen im Vorfeld geschaffen werden:

  • Akzeptanz des ausgewählten ERP-Systems bei den Mitarbeitern
  • Hohes Maß an Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter
  • Realistische Vorstellungen über Projekt-Budget und Projekt-Dauer
  • Bereitschaft zu firmeninternen Reorganisationsmaßnahmen (Abteilungen müssen sich in einem Prozess gegenseitig annähern)
  • Firmeninterne Träger des Projekts und des ERP-Systems auf allen Ebenen
  • Überlegte Auswahl des Projektleiters

Wichtig: Die Geschäftsleitung muss das Projekt offiziell und nachdrücklich unterstützen.

Private Daten

Unter dem Begriff privaten Daten laufen Excel- oder Access-Datensammlungen, die in Fachabteilungen geführt werden. Diese dauen werden nur dort verwendet, unternehmensweit stehen sie nicht zur Verfügung. Das neue ERP-System sollte unbedingt diese „privaten“ Daten ”entprivatisieren“. Diese Daten sind meist wichtig und die Fachabteilungen können nicht darauf verzichten.

Die Herausforderung besteht nun darin, die Daten zu analysieren und zu bewerten, damit sie sinnvoll in die neue ERP-Lösung überführt werden können. Das bringt den großen Vorteil, dass die Daten allen Anwendern im Rahmen der Reorganisation zur in einem entsprechend angelegten ERP-System zur Verfügung stehen (z.B. BI-Anwendungen).

Systemauswahlverfahren und gering validierte Entscheidungen

Es kommt leider oft genug vor, dass Anwender bzw. Kaufentscheider für ein ERP-System sich überschätzen und nicht wahrhaben wollen, dass eine ERP-Auswahl mit kompetenter Hilfe effizienter ist. Und falls man feststellt, dass das System doch nicht so ganz passt oder falsch ist, versucht man, dies irgendwie über die Anwendung zu regeln und gibt sich am Ende mit einer Lösung zufrieden, die nur zu einem Prozentsatz funktioniert. Solchen ERP-Anwendungsruinen begegnet man oft in der Praxis, die Gründe für die falsch getätigte Investition sind vielfältig und reichen vom vernachlässigten Pflichtenheft bis zum fehlendem Leitfaden für die Präsentation.

Voraussetzungen für die ERP-Auswahl

Ein grundlegendes Element für eine erfolgreiche ERP-Auswahl ist die Bildung eines Projektteams und die Benennung eines Projektleiters, der akzeptiert und anerkannt ist.

Messung des Projekterfolgs

  • In welchen Bereichen soll Return erzielt werden?
  • Welche Zielvorstellungen haben Sie?
  • Gehen Sie von einer Erfolgsmessung aus und wenn ja, mit welchen Mitteln?

Zielvorstellungen können sein:

  • Verringerung des Lagerbestands
  • Beschleunigung des Auftragsdurchlaufs
  • Informations-Plus und Informationssicherheit
  • Höheres Auftragsvolumen bei gleichem Mitarbeiterstamm
  • Erhöhung der Dispositionsqualität, bessere Datenqualität, mehr Bearbeitungsvorgänge pro Mitarbeiter
  • Flexibilisierung der Auftragsabwicklung
  • Flexibilität beim Einsatz von Mitarbeitern
  • Höherer Ausbildungsstand der Mitarbeiter

Datenkonvertierung und Datenqualität

Die Datenkonvertierung ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Inbetriebnahme! Hierunter fallen alle Stamm- und Bewegungsdaten aus dem Alt-System oder anderen Datenquellen, die in der täglichen Arbeit notwendig sind. Daten, die nicht erfasst werden können, jedoch zur täglichen Routine gehören, müssen zur Inbetriebnahme unter Umständen manuell nachgetragen werden.

Die Konvertierung ist nicht nur wichtig, um eine reibungslose Weiterarbeit am Tag der Umstellung zu garantieren: Denn wenn die Bewegungsdaten aus der Vergangenheit nicht übernommen werden können und keine revisionssichere Archivierung der Altdaten vorliegt, so muss das Alt-System 10 Jahre gemäss den Aufbewahrungspflichten am Leben gehalten werden. Dies betrifft dann nicht nur die Buchhaltung, sondern vor allem auch die Positionen Lohn und Gehalt – wesentliche Bestandteileteile des PPS-Kerns (Produktionsplanung und Steuerung) und relevant für die Bewertung (nach GoBD – Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff).

Datenqualität

Die Datenqualität steht an erster Stelle im Prozessverlauf einer erfolgreichen Datenkonvertierung. Nur mit Konvertierung allein ist die Datenqualität nicht zu optimieren. Wenn die Daten unvollständig sind oder Mängel aufweisen, sind die notwendigen Ergänzungen und Korrekturen auch nur in begrenztem Ausmaß automatisierter. Zudem müssen die Konvertierung selbst und die Durchführungsrichtlinien so ausgerichtet sein, dass sie einer betrieblichen Prüfung beispielsweise durch Wirtschaftsprüfer oder Steuerbehörde standhalten.

Daher muss bei einer geplanten ERP-Einführung frühzeitig damit begonnen werden, die Daten zu prüfen, zu ergänzen oder zu korrigieren. Dies ist ein eigenständiges und wichtiges Projekt!

Datenqualität und Rentabilität

Eine qualitativ hochwertige Datenkonvertierung rechnet sich immer. Man sollte nicht vernachlässigen, dass man ggf. 10 Jahre Hard- und Software-Wartung für das Alt-System einkalkulieren muss. Ein Problem ist auch das Nacharbeiten von fehlender Daten oder die zeitintensive Prüfung erfasster Daten. Die Tagesarbeit kann dadurch gestört werden und es können Kosten über einen langen Zeitraum auflaufen, wie Beispiele aus der CERPOS-Praxis belegen.

Schulung der Mitarbeiter

An der Schulung der Mitarbeiter sollten Sie nicht sparen, sonst rechnet sich Ihre Investition nicht! Denn das beste ERP-System nutzt nichts, wenn es nicht richtig oder nur rudimentär eingesetzt wird. Wichtig ist auch, dass Endanwender bzw. Fachabteilungen mit den tatsächlichen Unternehmensdaten geschult werden. Die Begleitung der Inbetriebnahme durch den ERP-Software-Anbieter ist zudem sinnvoll, um an diesem Punkt Sicherheit zu gewährleisten.

10 Kardinalfehler bei der ERP-Systemeinführung

1 – Focus auf Funktionsorientierung statt auf Prozessorientierung

2 – Unstrukturierte Vorgehensweise, keine Abstimmung auf Kunden, unklare oder unrealistische Projektziele

3 – Schlechte Projektorganisation oder Projektorganisation, die nicht von Firmenleitung mitgetragen wird

4 – Fehlender Methoden- und Werkzeugeinsatz / Überdimensionierter Methoden- und Werkzeugeinsatz

5 – Fehlendes Projektmanagement / zu hoher Aufwand bei Projektmanagement

6 – Keine „Annahme“ der Projektarbeit durch den Kunden

7 – Unzureichende Ressourcen-Freistellung: schlechte Koordination von Kompetenz und Kapazität

8 – Festhalten an vorhanden ”alten“ Strukturen und Verfahren

9 – Anstreben einer perfekten Lösung statt einer guten Lösung,

die mittelfristig einsetzbar und rentabel ist

10 – Fehlende oder mangelhafte Datenqualität in der bestehenden Anwendung

Erfolgreiche Einführung eines ERP-Systems

Der Kern einer ERP-Einführung sollte immer das Erreichen von Benefits sein, nicht nur das schlichte Ablösen des Alt-Systems. Dazu braucht man Berater, die die Anwendung aus Sicht des Anwenders verstehen und sich mit den Daten und den Menschen des Kunden identifizieren. Ohne diese Identifikation entstehen meist nur Ersatzlösungen – vielen Software-Anbietern genügt diese schlichte Ablösung auch. Oftmals erleben wir, dass die Anwender unvorbereitetauf ein neues System treffen, das ihre Arbeitsweise völlig verändert. Das resultiert aus der Tatsache, dass das Alt-System ignoriert wurde und neue ERP-System nicht den Anwender und seine Arbeitsweise in den Focus stellt.

Leider werden Projekte sehr oft abgebrochen und es entstehen sogenannte „Software-Ruinen“ – der unmittelbare Wechsel zu einem andern Software-Anbieter macht es oft auch nicht besser. Kunden, die einmal einen Misserfolg erlebt haben, sind auch schwer von einem neuen Angebot zu überzeugen. Daher ist es wichtig, einen guten Berater in Sachen ERP zu haben, der die notwendige Balance zwischen den Vorstellungen und Bedürfnissen des Anwenders und den Leistungen und Versprechen des Anbieters herstellt.