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Exot

Im Maschinen- und Anlagenbau wird oft mit Exoten gearbeitet. Dieser Artikeltyp wird für Teile verwendet, die nur einmal gefertigt werden – Unikate sozusagen. Ein Exot kommt ohne Anlage eines Artikelstamms aus, der damit verbundene Verwaltungsaufwand entfällt.

Aus technischer Sicht wird ein Exot über einen Fertigungsauftragskopf, eine Fertigungsstücklistenposition oder die Position eines Kundenauftrags definiert. Er kann an beliebigen Stellen einer Struktur verwendet werden.

Aus kaufmännischer Sicht wird ein Exot in der Auftragsposition eines Kundenauftrags verwendet, um ihn zu beschreiben und mit einem Verkaufspreis zu versehen. Hier werden alle vertrieblich oder technisch relevanten Dokumente hinterlegt.

Alle Daten der Konstruktion, des Einkaufs, des Vertriebs der Materialwirtschaft und weiterer Abteilungen werden in diesen drei Objekten verwaltet. Der Primärschlüssel, also die eindeutigen Kennzeichnung des Exoten, wird z.B. über folgende Daten gebildet:

  • Fertigungsauftragsnummer des Kopfes
    (Eigenfertigungsteil)
  • Fertigungsauftragsnummer des Kopfes plus Positionsnummer der Fertigungsstücklistenposition
    (Eigenfertigungs- oder Fremdbezugsteil)
  • Kundenauftragsnummer, Positionsnummer des Kundenauftrags, textliche Beschreibung und Auftragsart
    (Fremdbezugsteil oder Eigenfertigungsteil mit Bezug zu einem Fertigungsauftragskopf)

Damit ist ein Exot eindeutig gekennzeichnet und kann ganz normal produziert oder über den Einkauf beschafft werden. Der Artikeltyp Exot kann für Eigenfertigungsteile und Fremdbezugsteile verwendet werden.

Dementsprechend bildet man einen Exoten in einem ERP-System über einen Fertigungsauftragskopf oder eine Fertigungsstücklistenposition oder über eine Kundenauftragsposition ab. Ein Exot kann auch kalkuliert und bewertet werden.

Folgende Eigenschaften zeichnen einen Exoten aus:

  • keine Artikelanlage
  • nicht lagerfähig

Durch diese beiden Eigenschaften können Sie die Auswirkungen, die ein Exot auf Prozesse in Ihrem Unternehmen hat bewerten und zu Ihrem Vorteil nutzen.

Der Einsatz von Exoten und seine Auswirkungen auf die Verwaltung von Stücklisten

Eine Eigenschaft des Exoten lautet „keine Artikelanlage“. Für einen Exoten kann man keinen Artikelstamm anlegen und somit kann der Artikel auch nicht in eine Stückliste aufgenommen werden! Mit „Stückliste“ ist hier eine Stückliste im Bereich der Grunddaten gemeint.

Kennen Sie die Trennung zwischen Grund- und Auftragsdaten? Falls nicht, sollten Sie kurz im ERP-Ratgeber in den Beitrag „Stammdaten vs. Auftragsdaten“ schauen. Exoten werden nur in den Auftragsdaten definiert, sie sind also nur dort existent. Dies bedeutet, dass es nicht möglich ist, eine Anlage oder eine Maschine in Form einer mehrstufigen Stückliste in den Grunddaten eines ERP-Systems komplett aufzulösen, da die Exoten fehlen. Beim Einsatz von Exoten werden die Stücklisten für Maschinen und Anlagen immer in den Auftragsdaten in Form von Fertigungsaufträgen definiert.

Die komplette Maschine oder Anlage kann man sich also nur in den Auftragsdaten ansehen. Lagerbaugruppen, die keine Exoten beinhalten, werden natürlich in den Grunddaten abgebildet.

Der Exot hat also Auswirkungen auf die Verwaltung von Stücklisten, und zwar enorme. Bei dem Einsatz von Exoten werden z.B. die Stücklisten, die in der Konstruktion entstehen, in die Auftragsdaten des ERP-Systems übertragen und nicht in die Grunddaten. Die Stückliste einer Lagerbaugruppe hingegen wird in die Grunddaten übertragen. Sie benötigen also zwei Importszenarien.

Ein Exot ist nicht lagerfähig! Was bedeutet das konkret?

Das folgende Beispiel verdeutlicht dies: Sie kaufen einen Exoten auftragsbezogen über Ihr ERP-System ein. Der Lieferant liefert den Exot bei Ihnen an und nun soll der Wareneingang gebucht werden. Da es sich um einen Exoten handelt, darf es nicht möglich sein, den Wareneingang in das Lager zu buchen. Das ERP-System darf nur zwei Buchungen zulassen, einmal die „Durchbuchung“ also die direkte Buchung des Exoten auf den Fertigungsauftrag oder die Buchung in ein QS-Lager, um eine Qualitätsprüfung vorzunehmen.

Für einen Exoten wird kein Lagerbestand geführt, also kann bei der Buchung des Wareneingangs kein gleitender Durchschnittspreis gebildet werden – dies wäre auch falsch. Die Bewertung eines Exoten erfolgt ausschließlich auftragsbezogen über einen Fertigungsauftrag (Eigenfertigung) oder über die Beschaffungskosten des Einkaufsvorgangs (Fremdbezug).

Der Exot hat aufgrund seiner Eigenschaften besondere Auswirkung auf die Struktur von Grund- und Auftragsdaten und auf die Funktionalität.

pfeil