erp-systeme-erfolgreich-einsetzen

Des Weiteren sollte man prüfen, ob die Angaben der Wahrheit entsprechen. Dies ist einem Laien, der keinen Marktüberblick oder keine ERP-Erfahrung hat, nur schwer möglich. Auch hier kann ein externer Fachmann helfen. Es gibt verschiedene Anzeichen, die dafür sprechen, dass mit der Antwort etwas nicht stimmt. Hat man zum Beispiel im Lastenheft eine Anforderung abgefragt, bei der man weiß, dass sie nur von wenigen ERP-Systemen im Standard abgedeckt wird, und ist diese Anforderung nun von einem ERP-Anbieter, von dessen ERP-System man noch nicht viel gehört hat, mit dem Erfüllungsgrad 100% im Standard beantwortet worden, sollte man nachfragen. Diese kritische Prüfung kann nur mit einem Teil der Anforderungen des Lastenhefts durchgeführt werden.

Man kann nicht Hunderte von Anforderungen mit 15 ERP-Anbietern diskutieren. Mir springen bei der Durchsicht der ausgefüllten Lastenhefte diese Fragen quasi ins Auge. Das eben erwähnte Beispiel ist eine Art dieser „auffälligen“ Anforderungen. Aufgrund meiner Marktkenntnis fällt mir auch schnell auf, wenn ein Anbieter eine Anforderung als im Standard erfüllt beantwortet, obwohl ich weiß, dass er sie nicht im Standard erfüllt. Hat ein Anbieter z.B. auf die Frage, ob sein System das Dreiecksgeschäft im Handel über mehrere Länder unter Berücksichtigung der landesspezifischen steuerlichen Aspekte abdecken kann, mit Ja (im Standard) beantwortet, und ich weiß, dass er es nicht kann, dann ist das ein Problem. Das Wissen zu den Systemen erweitere ich permanent, da ich bei jedem Auswahlverfahren mindestens drei Systeme im Rahmen einer detaillierten Präsentation kennenlerne. Es nimmt ständig zu, weil in unseren ERP-Auswahlverfahren immer unterschiedliche ERP-Systeme vorkommen. Ich kann durch die Präsentationen einen Teil der Anforderungen immer vergleichen.

Was hat der Anbieter im Lastenheft angegeben, wie sieht die Antwort im System aus?

Durch diesen Vergleich weiß man, wie man alle Antworten aus dem Lastenheft zu interpretieren hat. Das kann ein wichtiges Entscheidungskriterium sein, wenn es darum geht, die finalen drei Kandidaten für die Präsentationen zu ermitteln. Man muss sich einen Eindruck zur Qualität der Angaben im Lastenheft machen. Es darf nicht der Fall eintreten, dass man sich von einem hohen Erfüllungsgrad beeindrucken lässt und den Erfüllungsgrad nicht in Frage stellt. Erst wenn feststeht, dass alle Angaben vollständig und angemessen gemacht wurden, sollte die Auswertung beginnen. Das Ziel ist eine Bewertung, die einen in die Lage versetzt, die ERP-Systeme in eine Reihenfolge zu bringen. Die einzelnen Antworten zu den Anforderungen sollten gruppiert ausgewertet werden.

Wenn meine Hinweise aus den Inhaltsseiten „Das Lastenheft“ beachtet wurden, ist das Lastenheft schon „auswertungsgerecht“ aufgebaut. Man kann nun beispielsweise für die Bereiche Einkauf, Vertrieb, Import aus China, externe Fertigung und mitlaufende Kalkulation versuchen, eine Schulnote zu vergeben. Alternativ kann man auch einen prozentualen Erfüllungsgrad ermitteln. Man kann die Bewertung auch auf einer detaillierteren Ebene vornehmen, wenn dies erforderlich ist und das Lastenheft entsprechend aufgebaut wurde. Die Bewertung erfolgt bei der Nutzung einer Internet-Plattform eines Dienstleisters automatisch. Man kann sich einfach durch die verschiedenen Bereiche und Anbieter „durchklicken“ und erhält schnell einen Überblick. Bei beiden Auswertungsverfahren sollte noch eine Gewichtung vorgenommen werden, mit der man Unterschiede in wichtigen Details herausarbeiten kann. Am Ende sollte man drei Systeme als Kandidaten für eine Systempräsentation bestimmen, die man sich dann näher anschaut.

Prozentualer Abdeckungsgrad ist nicht alles!

Die ersten drei Systeme in der Liste sollten nicht automatisch die drei Kandidaten für die Systempräsentationen sein. Wenn sich Systeme in der Gesamtauswertung nur um geringe prozentuale Abweichungen unterscheiden, sollte man prüfen, in welchen einzelnen Bereichen die Unterschiede ihren Ursprung haben. Über eine geschickte Gewichtung der Bereiche kann man dies automatisiert machen. Wenn man keine Gewichtung vorgenommen hat, muss man die einzelnen Bereiche prüfen.